Zum
Geleit Fünfzig Jahre nach der Befreiung der Konzentrationslager und des Kriegsendes richtet sich der Blick der Öffentlichkeit auch auf bisher vernachlässigte Kapitel der Geschichte. Dazu gehört die Tragödie der Todesmärsche der KZ-Häftlinge, mit denen die Lager vor den herannahenden alliierten Truppen geräumt werden sollten. Das Konzentrationslager Dachau, das mit seinen weit über hundert Außenkommandos den größten Lagerkomplex darstellte, war Ende April 1945 einer der letzten Orte des Massensterbens, in denen die Gefangenen ihre Befreiung erwarteten. Aber nur wenige Tage bevor die amerikanischen Truppen eintrafen, wurden Tausende auf einen Marsch ins "Ungewisse" getrieben und es wird letztendlich nicht mehr zu ermitteln sein, wie viele von ihnen auf diesem Marsch zu Tode kamen. Mit
den Häftlingskolonnen, die sich durch die Städte und Dörfer schleppten, wurde
der deutschen Bevölkerung zum ersten Mal auf drastische Weise vor Augen geführt,
was zwölf Jahre lang hinter Mauern und Stacheldraht verborgen gehalten worden
war. Terror, wie er sich überall in Deutschland mit Namen wie Dachau oder
Buchenwald verbunden hatte, hier war er mit einem Mal auf offener Straße für
jedermann sichtbar. Vor der eigenenen Haustüre lagen offensichtlich zu Tode
gehetzte, durch Genickschuß ermorderte Gefangenen. Über
vier Jahrzehnte hinweg wurde dieses Geschehen nicht mehr thematisiert. Als
jedoch die Gemeinde Gauting die Initiative zur Errichtung eines Mahnmals für
die Opfer des Dachauer Todesmarsches ergriff und alle Orte, durch die der Marsch
führte, zu einem gemeinsamen künstlerischen Wettbewerb einlud, zeigte sich,
wie viele Menschen sich noch an die schrecklichen Bilder erinnerten. Auf einmal
wurde diese Tragödie wieder lebendig und es kamen zahlreiche Einzelheiten
zutage. Überlebende des Marsches, für die diese Tage im April 1945 zu den
schlimmsten traumatischen Erfahrungen ihres Leidenswegs gehört hatten, nahmen
das vielfache Interesse, das durch die Mahnmalsinitiative geweckt wurde, mit
freudiger Verwunderung zur Kenntnis. Auch
der Verfasser der hier vorgelegten Publikation, der lange nach den Ereignissen
geboren wurde, erfuhr von den Geschehnissen im April 1945 im Zusammenhang mit
dem Wettbewerb für das Mahnmal. Er hat sich zunächst im Rahmen einer
Geschichtsinitiative seines Heimatortes für die Errichtung eines Mahnmals
eingesetzt und dann weiterrecherchiert, sicherlich auch motiviert durch Widerstände,
auf die er bei seinem Engagement stieß. Er hat eine Fülle von bisher
unbekannten Einzelheiten zusammengetragen und damit einen bemerkenswerten
Beitrag gegen das Vergessen geleistet. Dafür gebührt ihm der Dank aller, die
überzeugt sind, daß nur Aufklärung eine Wiederholung verhindern kann. Dachau, im Februar 1995 Barbara Distel |
Todesmarsch. Die Räumung und Teilräumung der Konzentrationslager Dachau, Kaufering und Mühldorf Ende April 1945. © a-wagner-online, Geretsried 1995-2007. Alle Rechte vorbehalten! |
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